1756 Genius Salisburgi - Kunst und Möbel in Wien

Wir bieten Ihnen Kunst und Möbel in Wien. Unsere Galerie wird bald öffnen - Sie können uns aber schon jetzt kontaktieren.

 

 

Möbel - Wir haben Möbel von STILLES. STILLES fertigt schon seit 60 Jahren in Slowenien ganz besondere Möbel an: Nicht nur, dass sie nach alter handwerklicher Tradition gearbeitet werden - auch ihr Design ist unvergleichlich elegant.

 

 

Kunst - Wir haben Werke großer Künstlerinnen und Künstler, und zwar Bilder, Skulpturen und Fotos.  

 

Egal ob Sie ein Original, eine Reproduktion unserer Bilder auf Leinwand oder eine Lizenz erwerben möchten, schreiben Sie uns einfach eine Email.

 

Die Bilder stammen NACH UNSERER ANSICHT von den genannten Künstlerinnen und Künstlern.

1756 ARTBLOG "BILD: MUTTER, KIND UND VATER":

Die Diskussion um das in Wien entdeckte Jugendstil-Bild geht weiter:

ZEIGT DAS BILD "MUTTER, KIND UND VATER" HODLER ALS VATER ? 

Der Gegenstand der Diskussion: Das neu entdeckte Jugendstil-Bild "Mutter, Kind und Vater"

geschrieben am 23. März 2016

 

Vor kurzem ist in Wien ein Jugendstil-Bild gefunden worden, das möglicherweise von Ferdinand Hodler (1853 – 1918), dem berühmtesten Maler der Schweiz, gemalt wurde. Es zeigt drei Personen vor einer See- und Berglandschaft, und zwar eine Mutter, ihr Kind und den Vater. Das Bild ist auf eine Holzplatte gemalt und 66 mal 76 cm groß.

 

Die wissenschaftliche Mitarbeiterin und promovierte Kunsthistorikerin an einem großen staatlichen Kunstmuseum in Deutschland, in dessen Sammlung auch Hodler vertreten ist, sagte zu dem Bild: „Das Motiv erinnert tatsächlich an ihn (Hodler), auch die formale Gestaltung der Figuren.“ Da sie aber „keine festen Zuchreibungen treffen“ dürfe, empfahl sie, Hodler-Experten in der Schweiz zu fragen.

 

Mehrere Schweizer Kunstmuseen, die Hodler-Bilder haben, wollten sich auf Anfrage nicht zu dem Bild äußern. Christoph Vögele, der Konservator des Kunstmuseums Solothurn, liess durch eine Sprecherin erklären, dass „es sich um kein Ferdinand Hodler-Bild handelt. Der Maler stehe aber unter Einfluss von Ferdinand Hodler.“

 

Ähnlich auch der Direktor des Berner Kunstmuseums Matthias Frehner: „Ich gebe keine Expertisen ab. - Meiner Meinung nach handelt es sich (…) nicht um ein Werk von Hodler, jedoch ist es möglicherweise von ihm beeinflusst.“ Er fragte die Besitzerin des Bildes, Soonim Shin, die ihn um seine Meinung gebeten hatte: „Haben Sie schon Koloman Moser in Betracht gezogen ?“ (Koloman Moser, geboren 1868, gestorben 1918, war Mitbegründer der Wiener Secession und persönlich mit Hodler bekannt.)

 

Und Paul Müller vom Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft erklärte: „Wir erteilen aus Prinzip keine Echtheitsauskünfte aufgrund von Fotos, möchten Ihnen aber dennoch mitteilen, dass sich eine kostenpflichtige Abklärung auf die Autorschaft von Ferdinand Hodler kaum lohnt.“

 

Was sind eigentlich die biographischen Indizien dafür, dass das Bild von Hodler gemalt ist ?

 

Das Bild ist in Wien gefunden worden. 1903 und 1904 nahm Hodler an einer Ausstellung der Wiener Secession teil, deren Mitglied er auch wurde. Wie Rico Bandle in einem Artikel schrieb, gelang Hodler in Wien der materielle Durchbruch: „Plötzlich“, so Bandle, seien die Sammler bereit gewesen, „fünfstellige Beträge für seine Gemälde zu bezahlen. 1904 hatte es der Künstler zum dreifachen Millionär gebracht.“ Nach dem großen Verkaufserfolg in Wien kann es also nicht überraschen, wenn Hodler-Bilder in Wien auftauchen.

 

Wäre es aber überhaupt möglich, dass ein Hodler-Bild bis heute der Öffentlichkeit unbekannt geblieben ist ? Hodler hat bestimmte „persönliche“ Bilder gerne vor der Öffentlichkeit versteckt. So schreibt Bandle, dass Hodler etwa das Bild einer Angebeteten, die er „Mademoiselle Lechaud“ nannte, nach dem Bruch der Beziehung versteckt gehalten habe, um diese in Hodlers Augen „peinliche“ Episode niemandem erzählen zu müssen.

 

Auch das neu gefundene Bild könnte als solch ein persönliches Bild der Öffentlichkeit verborgen geblieben sein: Am 1. Oktober 1887 gebar die Wäscherin Augustine Dupin Hodlers Sohn Hector. Hodler heiratete Augustine trotzdem nicht – stattdessen verehelichte er sich nur zwei Jahre später, am 18. Juli 1889, mit der Bürgertochter Bertha Stucki; diese Ehe wurde abermals zwei Jahre später wieder geschieden. Hodler erkannte Hector erst 1908 als seinen Sohn an, als dieser schon 21 Jahre alt war.

 

Nun die Frage: Könnte das Bild den Moment zeigen, in dem Hodler Vater wurde ? Auf dem Bild reicht ja eine junge Frau, die Augustine Dupin ähnlich sieht, ihr Kind einem Mann, der offenbar der Vater des Kindes ist; der Vater scheint aber zu zögern, das Kind auch anzunehmen. Der Mann auf dem Bild wiederum erinnert an Hodler selbst, wie er mit Mitte 30, als er Vater wurde, ausgesehen hat: Die Gestalt, die Gesichtszüge und nicht zuletzt die „Geheimratsecken“, also die an der Schläfe fehlenden Haare.

 

Es bleibt die Hoffnung, dass das Schweizerische Institut für Kunstwissenschaft das Bild nun sorgfältig darauf prüft, ob es von Hodler stammt. Der Direktor des Instituts, Roger Fayet, spricht im Video etwa davon, dass das Institut „im Rahmen von Echtheitsabklärungen“ auch „Materialanalysen“ vornehme.

 

Denn sollte das Bild wirklich von Hodler sein, so könnte sich die Schweiz über einen weiteren nationalen Kunstschatz freuen.

 

Link zum Ferdinand-Hodler-Artikel (mit einem Selbstporträt) bei Wikipedia

 

Link zu einer Seite mit Hodlers Bild "Die tote Augustine Dupin"

Ist das in Wien entdeckte Jugendstil-Bild von Ferdinand Hodler ?

LAUT SCHWEIZERISCHEM INSTITUT FÜR KUNSTWISSENSCHAFT (SIK) LOHNT SICH EINE ECHTHEITSPRÜFUNG "KAUM"

Das in Wien entdeckte Jugendstil-Bild "Mutter, Kind und Vater" (66 x 76 cm, gemalt auf Holzplatte): Ist es von Ferdinand Hodler ?

geschrieben am 21.3.2016

 

Das Bild "Mutter, Kind und Vater" (unser Titel) wurde vor kurzem von 1756 in Wien entdeckt. Ist es von Ferdinand Hodler, dem berühmtesten Schweizer Maler ? 

 

Die wissenschaftliche Mitarbeiterin eines großen staatlichen Kunstmuseums in Deutschland, das auch Werke von Hodler hat, antwortete so: "(...) Das Motiv erinnert tatsächlich an ihn, auch die formale Gestaltung der Figuren." Sie empfahl, Experten eines Schweizer Museums zu fragen, dessen "Sammlungsschwerpunkt" Hodler sei.

 

1756 hatte auch an das Schweizerische Institut für Kunstwissenschaft (SIK) in Zürich geschrieben. Die Antwort: "(...) Wir erteilen aus Prinzip keine Echtheitsauskünfte aufgrund von Fotos, möchten Ihnen aber dennoch mitteilen, dass sich eine kostenpflichtige Abklärung auf die Autorschaft von Ferdinand Hodler kaum lohnt." Ohne das Bild auch nur einmal im Original gesehen zu haben, sagt das SIK gleich, dass eine Echtheitsprüfung "kaum" Erfolg verspricht: Das Ergebnis der Prüfung steht also schon vor Beginn der Prüfung fest.

 

Das aber darf nicht sein: Nach den Worten der deutschen Kunsthistorikerin ist es ja nicht ausgeschlossen, dass das Bild von Hodler stammt. Und sollte das Bild wirklich von Hodler sein, so wäre ein neuer nationaler Kunst- und Kulturschatz entdeckt. In dieser Situation müsste das SIK mit aller Akribie seine Aufgabe ernstnehmen, die Echtheit von Bildern ordnungsgemäß zu klären; schließlich nennt es sich (auf seiner Internetseite) "das Kompetenzzentrum für bildende Kunst in der Schweiz", das ja gerade auch für das Werkverzeichnis von Ferdinand Hodler verantwortlich ist.   

1756 ARTBLOG "OSKAR UND PAULA":

Oskar Kokoschka und die Malerin Paula Deppe:                  DIE LEGENDE VON OSKAR UND PAULA

geschrieben am 31. Januar 2016, ergänzt am 11. Dezember 2016

Alma Mahler-Werfel über Oskar Kokoschka:                          Er hat mein Leben zerstört

1913 schrieb Alma Mahler-Werfel in ihr Tagebuch, dass Oskar Kokoschka ihr Leben "zerstört" habe. Das kann man nachlesen in ihrem 1960 erschienenen Buch "Mein Leben". Vorausgegangen war eine dramatische Liebesbeziehung ("soviel Hölle, soviel Paradies"), die mit der Abtreibung des gemeinsamen Kindes endete. Später, 1919, berichtete Alma, Kokoschka habe sich eine Puppe von ihr in Lebensgröße herstellen lassen, auf die er den ganzen Tag lang einredete. Damit sei er endlich ans Ziel seiner Wünsche gekommen: Sie, Alma, zu einem "willenlosen Werkzeug" in seiner Hand zu machen. Alma also als "Voodoo-Puppe" des Schamanen Kokoschka ? Jedenfalls, sagt Mahler-Werfel weiter, habe Kokoschka sie früher mit "tausend Quälereien" sekkiert. Kokoschka, so Alma im Jahr 1922, habe etwas von Dorian Gray, also von Oscar Wildes dämonischer Romanfigur, die trotz aller sittlichen Verbrechen nicht älter wird: Auch Kokoschkas Gesicht bleibe jung, ohne Spuren seiner "Laster". Und im Gespräch mit Alma nannte Hans Pfitzner Kokoschka einen "Mörder".

  

Zerstörte Kokoschka auch das Leben der Paula Deppe ?

Immer wieder Oskar und die Frauen: Das Plakat zur Ausstellung "Klimt / Schiele / Kokoschka und die Frauen" in Wien, Foto vom 29. Januar 2015

Kokoschka könnte nicht nur das Leben von Alma, sondern auch von einer anderen Frau zerstört haben: nämlich das von Paula Deppe. Welche Frau zeigt eigentlich Kokoschkas Bild, das das Historische Museum der Stadt Wien 1970 für rund 40.000 Euro ankaufte ? Kokoschka sagte, auf dem Bild sei Anna Donner zu sehen - und das wird bis heute behauptet.

 

Hier der Link zum angeblichen Anna-Donner-Porträt.

 

In Wirklichkeit zeigt Kokoschkas Bild aber nicht die Verwandte Anna Donner, sondern die fast gleichaltrige Malerin Paula Deppe: Die Ähnlichkeit zwischen der Frau auf dem Bild und Paula Deppe ist unverkennbar, wie das Youtube-Video mit Fotos und Selbstporträts von Paula Deppe zeigt:

Video zur Malerin Paula Deppe

Kokoschka sagte bei dem Bild offenbar nicht die Wahrheit

Schon jetzt ist klar, dass Kokoschka bei dem Bild offenbar nicht die Wahrheit sagte: Laut "Spiegel" vom 29.3.1971 erkannte er nämlich das Bild als sein "Frühest-Werk" an, es wurde auf 1900 datiert. Anna Donner (1885 - 1940) war zu dieser Zeit aber erst 15 - die Person auf dem Bild erscheint um einige Jahre älter. Und: Kokoschka hätte schon mit 14, vor Beginn seiner Ausbildung, ein "akademischer" Maler sein müssen. Heute wird die Entstehungszeit des Bildes jedenfalls mit 1906 angegeben - und damit Kokoschkas eigenen Angaben widersprochen. 

Wollte Kokoschka etwa seine Jugendfreundin Deppe verleugnen ?

Wenn Kokoschka schon über die Entstehungszeit seines Bildes nicht richtig informierte, dann mag es nicht mehr überraschen, dass er auch nicht den richtigen Namen der Frau auf dem Bild nannte: Eben Anna Donner statt Paula Deppe. Während aber heute niemand mehr Kokoschkas Gemälde auf 1900 datiert, glaubt immer noch alle Welt daran, dass das Bild Anna Donner zeigt. Schade eigentlich. Schon seine wohl erste Freundin Julie hat Kokoschka in seinen Memoiren nicht erwähnt, schrieb der "Spiegel" - und genauso ergeht es auch Paula Deppe. Alles nur Vergesslichkeit - oder wollte Kokoschka seine Jugendfreundin Paula etwa extra verleugnen ?

Ein "OK"-Bild zeigt Paula Deppe                                             - und ihr Name steht darauf 

Bild mit Monogramm "OK", der Zahl "8" und der Bezeichnung "Deppe"

Schon seit einiger Zeit liegt 1756 ein Bild vor, das mit dem Monogramm "OK" signiert ist. Auch auf diesem Bild ist Paula Deppe zu sehen - und diesmal ist ihr Name auch darauf. Auf dem Bild steht die Zahl "8". Zu diesem Bild bemerkt die Expertin eines staatlichen Museums: "Die Zahl acht würden wir auch stilistisch ebenfalls als Datierung auf 1908 deuten. (...) Wir würden es (das Bild) in den Rahmen einer Akademie einordnen, entstanden in bürgerlichem Milieu (...)."

Kokoschka malte 1908 nicht nur expressionistisch                - er konnte auch anders ...                                           

Das Bild wird also auch von Kunstexperten als eine Akademiearbeit von 1908 angesehen - eine andere Frage sei aber, ob das Bild wirklich von Kokoschka stamme, seien Kokoschkas Bilder von 1908 doch in einem anderen (und zwar im expressionistischen) Stil gemalt. Aber schon Dr. Klaus Albrecht Schröder, Direktor der Albertina, bemerkte 1991 in seinem Buch "Oskar Kokoschka", dass Kokoschkas Bild "Mädchen, Hände vor der Brust", "auf 1907/08 datierbar", in einem ganz anderen Stil gemalt sei als Kokoschkas gleichzeitige Postkartenentwürfe und Textilillustrationen für die "Wiener Werkstätte": Das "Mädchen"-Gemälde zeige - "im Gegensatz zu der von frühexpressionistischen Zügen durchsetzten und auf den Ausdruck der Linie reduzierten Grafik eine geschlossene, die Körperlichkeit betonende Malstruktur (...)." Kokoschka, so Schroeder, malt also auch 1908 nicht nur frühexpressionistisch, er kann auch ganz anders. Nichts spricht dagegen, dass Kokoschka das mit "Deppe" bezeichnete Bild 1908 gemalt hat, auch wenn es eben nicht expressionistisch ist.   

Der "Mythos" um Paula Deppe: Verschollene Briefe und Tagebücher

Kokoschka erwähnt, wie gesagt, den Namen Paula Deppe nicht. Und Paula, sagt sie etwas über Oskar, etwa in ihren Briefen oder Tagebüchern ? In ihrem Vorwort zum Katalog der Deppe-Ausstellung in Passau 2011 schreiben die Herausgeber: „Auffallend ist jedoch, dass im umfangreichen familiären Nachlass nur ganz wenige persönliche Dinge der Künstlerin zu finden sind.“ / „Nahezu alle Briefe sind verschollen, ebenso die Tagebücher.“ Paula Deppe gehöre einer „verlorenen Generation“ von Künstlerinnen an. Paula Deppe, die „Einzelgängerin mit Hang zur Depression, die an einer bislang ungeklärten Krankheit starb“, umgebe ein „Mythos“, so Sandra Gabert im Katalog des Oberhaus-Museums.

Die Begegnung von Oskar und Paula:                                       ein Rekonstruktionsversuch

Oskar Kokoschka hat Paula Deppe gemalt. Die beiden sind sich also begegnet. Wie könnte diese Begegnung ausgesehen haben, wie mag es zu dieser Begegnung gekommen sein ?

 

Paula Deppe ist, wie Kokoschka, 1886 in Österreich-Ungarn geboren, und zwar in Rokycany.

Am 1. Oktober 1904 begann Kokoschka sein Studium an der Kunstgewerbeschule in Wien, also an der Kunstschule des heutigen Museums für Angewandte Kunst. Werner J. Schweiger schreibt in seinem Buch „Der junge Kokoschka“, Wien 1983, über die Schule: „Die Anstalt selbst wurde mit allen nur erdenklichen Superlativen bedacht, die Schülerausstellungen jeweils zum Ereignis erhoben, und die Lehrerliste liest sich wie ein Who`s Who der österreichischen Kunstszene des ersten Jahrzehnts unseres Jahrhunderts.“ Und J. P. Hodin sagt in „Oskar Kokoschka“, 1968: „Schon im zweiten Jahr wurde er (Kokoschka) berufen, (...) einen Kurs in Bewegungsstudien zu halten, während er gleichzeitig als Schüler an der Anstalt blieb (...) Und er bekam obendrein, als Meisterschüler, ohne die Jahre abgedient zu haben, ein eigenes Atelier und ein eigenes Modell.“ Kokoschka war dazu noch Mitarbeiter der Wiener Werkstätte.

In Kokoschkas Schule waren auch Frauen: Etwa Berta Kiesewetter oder Anna Schiffner, in seiner Klasse die „Hospitantin“ Lilith Lang, Vorbild des Mädchens Li aus den „Träumenden Knaben“ (Schweiger, S. 30).

Paula Deppe ging nicht nach Wien. Sie hatte eine Zeichenschule in Pilsen besucht und bewarb sich an der Akademie des Münchner „Künstlerinnen-Vereins“. Zu dieser Zeit waren Frauen in München an staatlichen Akademien noch nicht zugelassen. Deppe fing am 1. Oktober 1907, also drei Jahre später als Kokoschka, mit dem Studium an der Vereinsakademie an. Gerta Springer aus Baden-Baden, die dort schon im Januar 1907 zugelassen worden war und mit ihrem Zeichenlehrer Julius Seyler an der gleichen Adresse wohnte, wurde Deppes Freundin. Gerta sollte 1922 Paulas Tagebücher erben.

1908, im Sommer, kam dann die, so Schweiger, „legendäre“ Kunstschau: Gustav Klimt, Kolo Moser, Josef Hoffmann zeigten in einem eigens errichteten Pavillon in Wien ihre Werke, darunter Klimts „Kuss“ – aus Anlass des 60jährigen Thronjubiläums Kaiser Franz Josephs. Mit dabei auch Oskar Kokoschka: Er hatte „erstmals Gelegenheit, seine Arbeiten, und zwar in einem eigenen Raum, öffentlich zu präsentieren.“ (siehe Kokoschkas Biographie in Schröder / Winkler: Oskar Kokoschka, 1991).

Die Herausgeber des Deppe-Katalogs schreiben, es sei „nicht abwegig zu vermuten, dass Paula Deppe wohl die Dachauer Künstlerkolonie (...) besuchte.“ Ich möchte hinzufügen: Wir können genauso vermuten, dass Paula Deppe, eine Tochter aus reichem Haus, auch die „Kunstschau“ in Wien, DAS europäische Kunstereignis dieser Zeit, von München auch damals nur einige Stunden Zugfahrt entfernt, besuchte. Wann sonst hätte sich für sie, brennend an Kunst interessiert, die Gelegenheit ergeben, die Kunst der „Moderne“, über die alle sprachen, zu sehen? Und warum sollte sie nicht dem gleichaltrigen „Kommilitonen“, „Meisterschüler“, „Wiener-Werkstätten-Mitarbeiter“ und „Aussteller“ Oskar Kokoschka im Sommer 1908 in seinem Ausstellungsraum begegnet sein? 

1909: Oskar verlässt die Kunstschule ohne Zeugnis, Paula muss ins Sanatorium und unterbricht ihr Studium

1908, so geht aus dem Tagebuch der Mutter hervor, reisen Paulas Eltern, Louise und Clemens, nach Wien. Dann ein Bruch in Paulas Lebenslauf: 1909 ist Paulas Mutter zur Kur in Marienbad, und auch Paula kommt dorthin. Seit Juni 1909 ist sie aus München offiziell abgemeldet, 1910 muss Paula zur sechswöchigen Kur in ein Sanatorium in Wien. Noch vor kurzem hatte sie doch bei einem Wettbewerb des Künstlerinnen-Vereins, der immerhin 700 Mitglieder zählte, den Ersten Preis errungen. Nun aber ist ihr Studium, noch lange nicht fertig, erst einmal zu Ende. Erst 1911 kommt Paula nach München zurück. Sie lebt nicht mehr in einer Pension, sondern mit ihrer Mutter zusammen. Was war nur mit Paula los? Der Deppe-Katalog sagt dazu nichts.

Auch bei Kokoschka überstürzen sich in dieser Zeit die Ereignisse: Er verlässt 1909 die Kunstgewerbeschule, ohne das erstrebte Abschlusszeugnis mitzunehmen.

Schweiger dazu (S. 28): „Welche Gründe es dafür gegeben haben mag, dass Kokoschka sich am Ende seines letzten Schuljahres nicht um die akademische Beglaubigung seiner Studien kümmerte, ist unbekannt. - Das Abschlußzeugnis wurde erst drei Jahre später, am 1. Juli 1912, ausgestellt und von O. K. behoben.“

Schröder und Winkler schreiben: „Unter dem Einfluß von Loos verläßt er Ende 1909 die Kunstgewerbeschule und löst sich von den Wiener Werkstätten.“ Schon Kokoschka hatte Ludwig Goldscheider 1962 folgendes erzählt (Ludwig Goldscheider: Oskar Kokoschka, S. 13): „Alles, was man von mir verlangt hat, hab ich geliefert – aber ich hab schon genug davon gehabt. Damals, im richtigen Augenblick, ist Loos (...) in mein Leben getreten (...); der (...) hat mir geholfen, mich von der Kunstgewerbeschule zu befreien und bald darnach bin ich auch die Wiener Werkstätte losgeworden.“

Wer hat sich hier von wem befreit, wer ist wen losgeworden ?

Hodin dazu, S. 102: „Als er später, nach dem Skandal, den die erste Kunstschau 1908 hervorrief, von der Schule ausgeschlossen wurde und nach neuen Verdienstquellen suchte (...)“ Kokoschka, so sagt Hodin, war also von der Schule geflogen. Warum? Wegen seiner Werke in der ersten Kunstschau! Aber Klimt kaufte doch, so will Hodin es wissen, eine Zeichnung von ihm, nachdem er Kokoschkas Arbeiten bei der Kunstschau gesehen hatte, wie auch Loos damals eine Plastik erwarb. 1909 durfte Kokoschka, auch das sagt Hodin, wieder bei der zweiten Kunstschau mittun. Und dennoch, so Hodin (S. 106): „Er wurde zum Bürgerschreck, auf dessen Namen die ,Neue Freie Presse` Hetzjagd machte. Die Folge war, dass Kokoschka von der Schule ausgeschlossen wurde. Ein harter Schlag für ihn, weil er sein Einkommen verlor.“

Was war der wahre Grund dafür, dass Kokoschka 1909 – ebenso wie Paula Deppe zur gleichen Zeit – die Schule ohne Abschlusszeugnis verließ ?

Das Testament der Paula Deppe: "Nur in der Jugend konnte ich lieben"

Von Paula Deppe lesen wir noch in ihrem Testament vom 10. Juni 1922, drei Monate vor ihrem Tod am 4. Oktober wegen „Unterleibstuberkulose“, dass sie – wie erwähnt – ihre Tagebücher ihrer Freundin Gerta Springer vermacht: „Tagebücher: Gerta, doch das meiste verbrenne, es ist so blöd. Gerta habe ich das meiste gesagt; ich glaubte, ich wäre dem M nichts.“ Der Katalog (S. 110) dazu: „Welche Person bzw. welcher Name hinter der Abkürzung M steckt, konnte bisher nicht eruiert werden.“

Paula Deppe schrieb noch: „Was das für eine Krankheit ist, die ich habe, weiß ich nicht. Nur in der Jugend konnte ich lieben (...)“

Hodin über Kokoschka (S. 107): „Zu allen Zeiten hat Kokoschka den Umgang mit Frauen (...) gesucht. (...) Wie Goethe hat er das ,Glück ohne Ruh`, die Liebe, wie einen Kelch bis auf den herben Grund geleert.“ Und der Kunstkritiker Hevesi im Jahre 1908: "Kokoschka ist ein hübscher junger Mann und begabter Schwärmenöter." (zitiert nach Hans Bisanz: Oskar Kokoschka – Die frühen Jahre. Wien 1983)

Fassen wir zusammen: Bei beiden, Deppe und Kokoschka, gibt es 1909 einen dunklen Punkt in ihren Biografien – es ist nicht klar, warum beide zur gleichen Zeit ihre Akademien verlassen mussten. Dieser Punkt war zugleich ein “Wendepunkt” im Leben der beiden – Deppe wurde depressiv, Kokoschka brotlos.

Wer war Paulas erste und einzige Liebe „M“? War es etwa Oskar? Hatte eine gescheiterte Beziehung - vielleicht sogar eine Abtreibung - der sensiblen Künstlerin das Leben vergällt? (Erinnern wir uns, dass - wie schon erwähnt - Alma Mahler-Werfel ihr Kind, dessen Vater Kokoschka war, abtreiben ließ.) Wieso ist das 1910 gemalte „Selbstbild mit Maske“ der früher so fröhlich aussehenden Paula „von erschreckender Ernsthaftigkeit“, mit „melancholischem Blick“, wie der Katalog anmerkt? Und wieso konnte Paula sich - bis zu ihrem frühen Tod mit 35 - nie mehr von ihrer Depression befreien?

Kokoschkas traurige Geschichte von der schwangeren Virginia und ihrer getöteten Schildkröte

Und Oskar - hat er selber Paula Deppe in einem Aufsatz erwähnt, ohne ihren Namen zu nennen ? Dieser Aufsatz Kokoschkas ist unter dem Titel "Aus meinem 30jährigen Emigrantenleben als deutscher Maler" 1939 in der Pariser Zeitschrift "Freie Kunst und Literatur" erschienen; er wurde nochmals abgedruckt im Buch "In letzter Stunde", herausgegeben 1963 von Diether Schmidt, sowie in dem Heft "Die Wahrheit ist unteilbar", 1966 mit einem Vorwort von Werner Hofmann herausgegeben vom Wiener "Museum des 20. Jahrhunderts".

 

In diesem Aufsatz berichtet Kokoschka von einer seiner "Hungerphantasien", die er in Berlin, nach seiner plötzlichen Abreise aus Wien, gehabt habe. (In Berlin sei er nämlich völlig mittellos dagestanden, habe noch nicht einmal Geld für Essen gehabt.)

 

Kokoschka erzählt also in der Ich-Form, er habe in seiner Phantasie eine junge Dame mit dem Namen "Virginia" gesehen. Er habe dieser Virginia an ihrem Geburtstag eine Schildkröte geschenkt. Virginia habe zu einer "sich selbst bestimmenden Generation" gehört, die sich nicht mehr an die "engen Anschauungen der Eltern" halten wollte. Virginia sei dem "gutbürgerlichen Haus entlaufen" - und sowieso hätten es die Eltern versäumt, Virginia recht zu belehren. So sei Virginia schwanger geworden - und ihr Liebhaber habe sie "im Stich gelassen". Kokoschka fragt: "Wer weiß, wie viele Nächte sie ihr Geheimnis nicht hat schlafen lassen und wieviel Tränen es gekostet ?"

 

Am 3. Advent nun, beim dritten Anzünden der Kerze im Winter, wartet der Erzähler darauf, dass Virginia ihn besucht. Allerdings habe sie keinen Brief geschrieben, um ihren Besuch anzukündigen. Aber Virginia habe ja sowieso nie geschrieben - "auch entehrt und gebrochen" sei sie "zu stolz" gewesen, "ihre Enttäuschung zuzugeben". Während dieses Wartens auf Virginia denkt der Erzähler daran, einmal nach der Schildkröte im Keller zu schauen, um die er sich - auch im Auftrag Virginias - kümmern sollte. Was könnte er sagen, wenn "dem Tierchen" etwas zugestoßen sei ? Und wirklich: Die Schildkröte ist tot, umgebracht durch einen Gewehrschuss. 

 

Auch Virginia lebe nicht mehr, sagt der Erzähler. Virginia sei nämlich "blutspuckend" zu ihren Eltern zurückgekehrt, im Schnee habe sie vor ihrem Vaterhaus stehen und darauf hoffen müssen, dass ihr die Tür wieder geöffnet wird. "Und indessen starb Virgina im Schnee (...)".

 

Der sehnliche Wunsch des Erzählers: "Wenn nur keine geheimnisvollen Beziehungen von dem Malheur, an welchem die Sensibilität der alten dummen Kröte selbst schuld war, am Ende dunkel sich ins Schicksal der Menschen verflochten hätte, denn mit dem Alter wird man abergläubisch."

 

War die verstorbene "Virginia" aus dem gutbürgerlichen Haus, die als Schwangere im Stich gelassen wurde, etwa die 1922 verstorbene Paula ? Der Erzähler, der der toten Virginia gedenkt - war er der ungetreue Liebhaber ?  Und die Schildkröte, das "Geschenk" des Erzählers: Ein gemeinsames Kind, das dann - vielleicht durch Gewalt ("Gewehrschuss") - gestorben ist ? Bestimmte dieses Drama auch das weitere Schicksal Kokoschkas ? Musste er eine wahre Geschichte zu Papier bringen ?    

 

Die Legende von Oskar und Paula ist kein Märchen. Das beweist schon das Bild der "Anna Donner", das Paula Deppe zeigt.

1756 ARTBLOG "ICH. MENZEL"

Der Staatssekretär für Kulturelle Angelegenheiten des Landes Berlin kann "zu seinem Bedauern" ein Foto Menzels nicht in die Ausstellung "Ich. Menzel" aufnehmen

TIM RENNER: "(...) KANN ICH AUCH ALS VORSITZENDER DES STIFTUNGSRATES NICHT IN DIE PROGRAMMPLANUNG DER EINRICHTUNG EINGREIFEN."

Dieses historische Foto wollte das Stadtmuseum Berlin nicht in die Ausstellung "Ich. Menzel" zum 250. Geburtstag des Malers aufnehmen. Tim Renner kann "zu seinem Bedauern" nichts dagegen tun.

geschrieben am 4. Februar 2016

 

Am 3. Dezember 2015 eröffnete das Stadtmuseum Berlin zum 250. Geburtstag des Malers Adolph von Menzel die Ausstellung "Ich. Menzel". "Das Augenmerk der Ausstellung richtet sich", so der PR-Text der Austellung, "jedoch nicht in erster Linie auf das künstlerische Schaffen, sondern auf die Person Adolph Menzels." Daher zählen zu den Ausstellungsstücken "neben Beispielen aus Malerei, Lithografie und Zeichnung auch persönliche Gegenstände". Ein "persönlicher Gegenstand" Menzels fehlt allerdings: Das Stadtmuseum Berlin weigerte sich nämlich, das hier gezeigte Porträtfoto von Menzel auszustellen. 1756 hatte dem Museum am 27. Oktober, rund 6 Wochen vor Ausstellungsbeginn, dieses Foto als Leihgabe angeboten. Das Stadtmuseum Berlin lehnte am 3. November mit folgender Begründung ab: "Der Ausstellungskatalog ist im Druck und auch die Ausstellungsarchitektur ist durchgeplant. Ohnehin konzentrieren wir uns bei dieser Ausstellung auf eigene Bestände; wir leihen nur ganz wenige Exponate ein." Schade. 1756 schrieb daraufhin an Tim Renner, Staatssekretär für Kulturelle Angelegenheiten des Landes Berlin. Seine Antwort: "Auch als Vorsitzender des Stifungsrates" der Stiftung Stadtmuseum Berlin könne er "nicht in die Programmplanung der Einrichtung eingreifen"; "zu seinem Bedauern" könne er nichts tun.